Organspende, Öl 40 x 60, 2018, „Menschkunst“-Reeno Internetgallerie
Die Bildbedeutung als Gedankengespräch
Ich: Woran denkst du, wenn du von Organspende hörst?
Selbst: An den ehrlichen Dank transplantierter Patienten und der Angehörigen in großem Respekt davor, dass sich Menschen, oft in schweren Stunden für die Organspende, für ein Lebensgeschenk entschieden haben. Warum fragst du?
Ich: Ich käme mir vor, als würde ich meine Unbeschwertheit verlieren, wenn ich mein Leben dem Tod eines anderen verdanken würde. Doch im Radio wird viel von Krankenkassenvertretern, Politikern, christliche Kirchen und den Redakteuren zur Organspende, als gelebte Nächstenliebe aufgerufen. Ich frage mich, ob ich, wenn ich mich, der Organspende verweigere, der Böse und unsolidarisch bin und ob all die Befürworter sich wahrhaft tiefe Gedanken um das Thema gemacht haben?
Selbst: Naja, die Lage in Deutschland ist doch rein äußerlich klar.
Ich: Wie meinst du das und was meinst du damit?
Selbst: Bei uns in Deutschland, dürfen ab einem Alter von 16 Jahren, Organe gespendet werden. Beim Spender muss der Gehirntod als Voraussetzung für eine Organtransplantation festgestellt worden sein.
Ich: Soll der der Gehirntod eines Menschen ist dessen wirklicher Tod sein?
Selbst: Da gibt es aus allen Kulturen viele Fakten zu, 1968 wurde der Gehirntod als Tod des Menschen von Professoren der Harvard-Universität festgelegt. Lass uns mal beim Grundsätzlichen bleiben, bei dem was eindeutig ist.
Ich: Du meinst das es unbestritten so ist, dass eine Organentnahme nur aus einem lebenden Organismus möglich ist, bei einem Menschen, der im Sterben liegt, aber eben doch noch nicht alle Funktionen eingestellt hat. Der Spender muss also im Entnahmeverfahren endgültig getötet werden? Und er ist in diesem letzten Sterben allein, kein Verwandter darf bei ihm sein, denn er liegt auf dem kalten Op-Tisch und wird, vielleicht unter extremen Leiden ausgeweidet.
Selbst: Ja, es wird der Sterbende mit Fentanyl, einem synthetischen Opiat, bei Organentnahme sediert, der Hirntote noch sterbende, nicht der final Tote. Das wird sehr schön in den Broschüren zum Thema umschrieben, ohne direkt auf diesen Punkt zu kommen, es bleibt beim Naturwissenschaftlichen, nicht beim Geseiteswissenschaftlichen. Das kannst du zum Beispiel bei Krankenkassen nachlesen. Und dann gibt es da noch den Lazarus-Effekt, der Spender, dem die Organe entnommen werden, bewegt sich unter der Prozedur, bäumt sich gar auf. Dafür oder besser dagegen bekommen heute die Spender Medikamente.
Ich: Noch mal zurück zu meiner vorherigen Frage. Ich erhoffe mir als Empfänger eine Linderung, ein längeres Leben, kurz gesagt, dem Tod vorerst zu entkommen. Doch was handele ich mir damit ein? Wirkt dieses Organ auf mich?
Selbst: Meinst Du das ein Organ Träger von Eigenschaften des Menschen ist?
Ich: Naja, wenn ich mich ehrlich und intensiv mit dem Thema auseinandersetze, komme ich nicht drum herum zu denken, dass ich in einem langen Dasein vieles erlebt habe, auch moralische Erlebnisse durchlaufen habe, dieses Erlebte formt mich bis in die Organe hinein, so zu sagen, wird Zeit Lebens das Zellgedächtnis angesprochen und noch weitere feinstofflichere Teile des Menschen.
Selbst: Du meinst Dein Seelenleben wirkt direkt auf deine Organe und prägt diese? Ja, das ist eine schwerwiegende Frage. Das ganze Thema wirft immer mehr Fragen auf, je genauer die Überlegungen darum kreisen:
- was ist mit dem Empfänger der sich von einem kranken Organ, das ihn durch sein bisheriges Dasein begleitet hat, trennen muss?
- wie war derjenige dessen Organ nun in mir wirkt? Wirken, wenn wir davon ausgehen, dass das Organe Eigenschaften tragen, diese auf den Empfänger und wenn, dann wie? Verändert das Neue in mir mich? Wie starb der Organträger?
Ich: Ja, genau, und wie ergeht es dem anderen, dem Spender, wie erlebt der Mensch, der dem Tode nahe ist die Organentnahme nicht direkt körperlich, sondern seelisch?
Selbst: Meinst du Berichte aus den zahlreichen Nahtod-Erfahrungen?
Ich: Ja, diesen Punkt vielleicht auch und dass der Tod oder genauer gesagt das Sterben eng, sehr eng mit dem Schicksal des Menschen verbunden ist.
Selbst: Du meinst damit, dass der Mensch nicht in den Todesvorgang eingreifen sollte, da es Schicksal oder gottgegeben vorherbestimmt ist?
Ich: Das wäre ein Punkt, den man genau durchdenken muss, wenn man an etwas glaubt. Die Möglichkeit einer Organtransplantation beeinflusst eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Sterben und dem Tod, der zum Leben, zur Existenz, gehört. Denn dabei steht irgendwann auch jeder von uns wieder vor dem Wunder des Lebens.
Selbst: Wenn wir schon über so tiefe Erkenntnisse reden, dann kommt noch eines dazu, die Bedenken des Spenders, den physischen Körper nicht vollständig aufgelöst zu wissen und nach dem Eintritt des Todes seinen Weg nicht weiter gehen zu können, wie in vielen alten Mysterien dargestellt.
Ich: Als Konsequenz bleibt dann einem möglichen Empfänger keine Organspende anzunehmen, wenn er sich sicher ist, dass er sein Schicksal durchleben muss. Oder aber, soll gar das Spenden an sich ein Stück Schicksal von Spender und Empfänger sein?
Selbst: Du sagst, wenn ich all diese Dinge weiß und in vollem Bewusstsein, aus reiner Nächstenliebe doch spende? Was geschieht dann mit mir als Spender? Oder ich spende einem Angehörigen, auch dann, wenn mir die Folgen, die Konsequenzen dazu bekannt sind?
Ich: Das ist Dir doch jetzt sicher klar, es wird natürlich Folgen haben, doch klar ist auch, dass diese ausgeglichen werden. Das bedeutet echte Nächstenliebe kann nur aus eigenen Willen begründet sein. Sie darf nicht abhängig sein von äußeren Forderungen und zeitgenössischen, gesellschaftlichen Ideen. Machst du es aus wahrer Liebe zu deinem Nächsten, so ist es dein Weg, denke ich.
Selbst: Nach außen wird ein hoher ethischer Anspruch der Politik und der Gesellschaft aufrecht erhalten, wenn es um die Frage geht, ob man Organe kaufen und verkaufen darf. Eine Praxis, die nicht nur die internationale und nationale Organmafia schon lange betreibt.
Ich: Ja, dass Menschen ausgeweidet werden, ist bekannt und das reiche Menschen sich Organe kaufen ist auch nichts Neues. Das solche Praktiken auf eine große Endabrechnung kommen und von den Handelnden, egal ob Politiker, gieriger Arzt oder Empfänger, der am liebsten für immer leben will, ausgeglichen werden müssen, ist auch klar.
Selbst: Du meinst in einem Zustand nach dem Tod ausgeglichen werden müssen?
Ich: Ja, genau. Da fällt mir ein, was ist eigentlich mit dem Klinikpersonal im Operationssaal, die sind ja ebenfalls beteiligt?
Selbst: Dem Personal wird fassbar gemacht, dass da zwar ein der Körper liegt der tot ist, hirntot ist, aber noch die traditionellen Zeichen des Lebens zeigt. Dem werden nun im Sinne einer höheren, besseren Sache Organe entnommen.
Ich: Machst du es dir es damit nicht zu einfach?
Selbst: Ja, du hast Recht, das Wissen beziehungsweise das Ausblenden von Wissen sind Fragen, die wir nicht beantworten können. Doch auch in diesem Punkt gilt, dass jeder aus freiem Willen das macht, was er vor sich verantworten kann.
Ich: Angenommen jemand will eine Organspende, nicht, weil er Angst vor dem Tod hat, sondern, weil er etwas ganz Wichtiges auf der Erde noch vollbringen möchte, er nimmt all die Leiden, die eine solche Spende mit sich bringt, in Kauf, so wichtig ist ihm die Erfüllung seiner Aufgabe. Da gilt doch auch, dass der freie Wille entscheidet, richtig?
Selbst: Ja, klar, wenn er sich aus allen Blickwinkeln um dieses Thema bemüht hat und aus freiem Willen abgewogen hat, dann ist es auch etwas anderes, als wenn er aus reiner Lebensgier entscheidet, es sei denn am Ende steht doch wieder ein verkappter Egoismus.
Ich: Ein Mensch spendet, da ihm alles, was nach seinem Tod geschieht egal ist. Egal wie sich jeder individuell entscheidet, wichtig ist die Freiheit, die Freiheit selbst, ohne Druck von außen, guter Mensch, böser Mensch, ein Ergebnis zu finden. Freiheit muss auch dem zugestanden werden, der seine Meinung ändert. Die Freiheit darf nicht eingeschränkt werden dadurch, dass andere die persönliche Sicht auf Organspenden nicht teilen.
Selbst: Ja, Angst macht mir in diesem Zusammenhang, die Art, wie darüber gesprochen wird, die Wortwahl und das verdrehen von Realitäten, zum Beispiel: Die Nutzbarmachung von weiteren "Organ-Ressourcen". Was für eine Wortwahl, es klingt wie aus einer Aktionärsversammlung. Oder dieser Satz: So und so viele Menschen sind gestorben, da nicht genug Spendenorgane vorhanden waren, muss es nicht heißen: sie starben, weil sie krank waren und ihr Schicksal es so vorgesehen hat?
Ich: Ja einerseits schon, aber was ist wenn ich sage: Es ist unser Schicksal, dass wir in diese Zeit geboren wurden, die es ermöglicht durch fremde Organe weiterleben zu können, unabhängig von Krankheit?
Selbst: Dann würde ich wieder von vorn mit unserem Gespräch beginnen.
Ich: Danke für dieses Selbstgespräch